In einem Flyer an alle Haushalte sowie Inseraten und Berichten in der Wochenzeitung, der Luzerner Zeitung und im Boten der Urschweiz äussern sich die Verantwortlichen des Bau- und Immobilienunternehmens Strüby sowie Hansruedi Zimmermann als Projektunterstützer zu den geplanten Rückzonungen im Gebiet des oberen Semli. Der Gemeinderat hat Ver-ständnis, dass der betroffene Grundeigentümer seine eigenen Interessen verteidigt und sich gegen das Siedlungsleitbild der Gemeinde Vitznau und eine allfällige Rückzonung seines Grundstücks engagiert. Mit der Ablehnung des Siedlungsleitbilds, würde sich die Situation für die Firma Strüby jedoch nicht zwangsläufig verbessern. Auf der anderen Seite gefährden die Initianten jedoch die gesamte Revision der Ortsplanung und die Gemeinde hätte die hohen Folgekosten für die weitere Planung zu tragen.
Zu den aufgeführten Punkten nehmen die Ortsplanungskommission und der Gemeinderat wie folgt Stellung:
Rückzonungen in Vitznau kommen nicht überraschend
Gegen die Rückzonung generell, gibt es kaum gute Argumente. Gemäss den Vorgaben des neuen Raumplanungsgesetzes muss die eingezonte Baulandfläche dem erwarteten Bevöl-kerungswachstum innerhalb der nächsten 15 Jahre entsprechen und darf nicht mehr auf Vor-rat gehalten werden. Würde man in Vitznau alle heute noch eingezonten Wohnparzellen überbauen, hätten wir doppelt so viele Einwohner wie im Jahr 2000. In beiden öffentlichen Workshops wurde von den Teilnehmern mehrmals festgehalten, dass dieses hohe Wachs-tum nicht erwünscht wird. Mit der Reduktion der Bauzonen schaffen wir deshalb auch die Voraussetzung, dass Vitznau in den nächsten Jahren nicht zu schnell und nur in einem orts-verträglich Mass weiter wachsen soll.
Das Bau- und Immobilienunternehmen Strüby hat im Januar 2018, kurz nach der gescheiter-ten letzten Abstimmung zur Ortsplanungsrevision, das rund 12'000 m2 grosse Grundstück oberhalb der ehemaligen Fensterfabrik im Semli erworben. Die Käufer gingen davon aus, dass das Gebiet wieder nach altem Recht überbaut werden kann. Dem Unternehmen muss-te zu dem Zeitpunkt jedoch klar sein, dass die Ortsplanung in Vitznau noch immer nicht den Anforderungen des neuen Raumplanungsgesetzes genügt. Da die letzte Revision der Orts-planung abgelehnt wurde, gelten nun auch für Vitznau die strengeren Auflagen des neuen Raumplanungsgesetzes. Statt wie bisher rund 5.6 ha muss die Gemeinde bis spätestens 2023 mindestens 12 ha Bauland rückzonen. Das ist spätestens seit Inkrafttreten des neuen kantonalen Richtplans bekannt. Welche Parzellen potenziell von den Rückzonungen betrof-fen sind, hat der Kanton zwar erst mit dem Erlass der Planungszonen im April 2018 kommu-niziert – der Kauf einer grossen Bauparzelle am Siedlungsrand im Januar 2018 war vor die-sem Hintergrund aber bereits mit einem Risiko verbunden. Man kann nun argumentieren, dass die Gemeinde die Käuferschaft nicht genügend auf das potenzielle Risiko einer künfti-gen Auszonung hingewiesen hätte. Anderseits handelt es sich bei der Firma Strüby um ein professionelles und erfahrenes Bau- und Immobilienunternehmen, das den Kauf einer Par-zelle sorgfältig zu prüfen hat und sich nicht auf einzelne Aussagen oder alleine auf fehlende Warnungen abstützen kann. Eine Rückfrage beim Kanton oder die Kontaktaufnahme mit den Umweltverbänden hätten Anfang 2018 sicher genügend Warnhinweise ergeben. Zumindest hätte die Käuferschaft mit einer Absicherungsklausel im Vertrag, wonach dieser nur die volle Wirkung entfaltet, wenn eine Bebauung sichergestellt ist, das eigene Risiko minimieren kön-nen. Weshalb auf diese in vergleichbaren Geschäften übliche Absicherung verzichtet wurde, ist uns nicht bekannt.
Alle potenziellen Rückzonungsgebiete wurden vom Kanton überprüft
Die Initianten wehren sich dagegen, dass die Rückzonungen am falschen Ort erfolgen. Aus ihrer Sicht sei das Gebiet Huseboden besser für eine Rückzonung geeignet. Die kantonalen Planungszonen bzw. Rückzonungsgebiete wurden anhand eines Kriterienkatalogs festge-legt, das die raumplanerische Zweckmässigkeit und die Verhältnismässigkeit beurteilt. Ins-besondere aufgrund der Lage in der Gemeinde und in der Bauzone (Siedlungsrand) sowie der öffentlichen Erschliessung beurteilt der Kanton die Rückzonung der Parzellen im Gebiet Semli als verhältnismässig und zweckmässig. Die Parzellen Huseboden wurden wiederum aufgrund des gleichen Kriterienkatalogs vom Kanton als nicht zweckmässig für eine Rückzo-nung befunden. Dieser Einschätzung wurde auch von der Ortsplanungskommission im Mit-wirkungsbericht nicht widersprochen. Die Nähe zum Zentrum ist eines von vielen Kriterien, aber nicht der einzig ausschlaggebende Punkt – entscheidend ist, dass alle potenziellen Rückzonungsflächen unter den gleichen Rahmenbedingungen auch gleich beurteilt wurden.
Das Dorfzentrum soll nicht ausgeweitet werden
Der Dorfkern von Vitznau wird im Flyer der Firma Strüby falsch dargestellt. Das Dorf hat sich ursprünglich vor allem entlang der Seestrasse zwischen den Hotels (Parkhotel und Vitznau-erhof) und nicht vom See den Hang hinauf zum Semli entwickelt. Die Gewerbegebiete am oberen Dorfrand bildeten den oberen Dorfabschluss. Das eigentliche Zentrum soll an seiner heutigen Lage beibehalten werden und nicht wie im Flyer fälschlicherweise behauptet, Rich-tung Huseboden erweitert werden. Im Vordergrund steht eine Aufwertung rund um den Be-reich Bahnhof-Gemeindehaus-Kurpark.
Die ehemalige Semli-Schreinerei kann trotzdem neu bebaut werden
Die Eigentümerfamilie der ehemaligen Schreinerei im Semli beabsichtigt, das Areal neu zu nutzen und hier zeitgemässen Wohnraum zu realisieren. Diese künftige Nutzung ist unbe-stritten und auch ohne die Überbauung der Hangparzelle oberhalb des ehemaligen Gewer-bebetriebes weiterhin möglich und gemäss Siedlungsleitbild auch erwünscht. Die im Leitbild definierte Siedlungsbegrenzungslinie umschliesst zudem auch Flächen, die eine künftige Entwicklung ermöglichen. Das betrifft auch die Hangparzelle oberhalb des Semli. Sollte Vitz-nau in den nächsten Jahrzenten weiter wachsen, kann dieses Gebiet bei der nächsten Orts-planungsrevision in rund 10-15 Jahren wieder eingezont werden. Aber natürlich nur, wenn die Bevölkerung das dann auch will und zulässt.
Allfällige Entschädigungen werden vom Kanton übernommen.
Von einer Rückzonung betroffene Grundeigentümer können innert 10 Jahren nach Rechts-kraft der Genehmigung eine Entschädigungsforderung bei der Schätzungskommission stel-len. Die Hürden für eine solche Entschädigung in Gemeinden mit überdimensionierten Bauzonen sind allerdings hoch. Der Gemeinderat wird sich deshalb im Rahmen seiner Mög-lichkeiten dafür einsetzen, dass bei wirtschaftlichen Härtefällen zusammen mit dem Kanton Lösungen gefunden werden. Falls die Schätzungskommision eine Entschädigung zuspricht, wird diese vollumfänglich vom Kanton übernommen und aus dem kantonalen Mehrwegfonds finanziert.
Für weitere Auskünfte verweisen wir auf die Merkblätter und Informationen zur Rückzo-nungsstrategie des Kantons Luzern unter http://www.baurecht.lu.ch/rueckzonung
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