Vom 3. Mai bis am 1. Juni 2021 lag das vollständige Dossier der Nutzungsplanung öffentlich auf. Während der Auflagefrist gingen beim Gemeinderat 37 Einsprachen ein. Alle Einsprachen werden nun vom Gemeinderat geprüft. Die Einspracheverhandlungen finden voraussichtlich in im September 2021 statt.
Die fünf wichtigsten Themen der Einsprachen
Neben Privatpersonen haben vier Unternehmen, sechs Naturschutzverbände und eine Partei ihre Anträge eingereicht. Im Mittelpunkt stehen neben Einzelinteressen die folgenden fünf Themen: die Umnutzungen in der Tourismuszone, die Festlegung des Gewässerraums, die Umsetzung der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB), die Umzonung der Parzelle Nr. 678 im Unteraltdorf und die Rückzonungen.
Tourismuszone
Der Fokus der Einsprachen liegt auf den Umnutzungen von touristisch genutzten Betrieben und Anlagen. Ein Teil der Einsprecher*innen vermutet einen Widerspruch zum Zweitwohnungsgesetz. Die Gemeinde Vitznau untersteht zwar nach wie vor dem Zweitwohnungsgesetz. Hingegen sollen Umnutzungen (z.B. Erstwohnungen oder Arbeitsnutzungen) im untergeordneten Mass möglich sein, wenn der Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen darauf angewiesen ist. Diesen Spielraum möchte die Gemeinde im Rahmen der Gesamtrevision sicherstellen.
Festlegung des Gewässerraums
Einige der Einsprachen fordern einen Verzicht auf die Ausscheidung des Gewässerraums, da ihr Grundstück als dicht überbaut betrachtet wird. Dies entspricht jedoch nicht der übergeordneten Gesetzgebung. Ausserdem ist schon heute in Übereinstimmung mit den Übergangsbestimmungen der Gewässerschutzverordnung ein Gewässerraum festgelegt. Dieser kann nun mit der Ortsplanungsrevision reduziert, jedoch nicht aufgehoben werden.
Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB)
Ein Erklärungsbedarf zeigt sich in einigen Einsprachen hinsichtlich Umsetzung der IVHB. Die Umsetzung erfolgt in Vitznau in Übereinstimmung mit dem Siedlungsleitbild 2050. In Anbetracht der vorzunehmenden Rückzonungen ist es ausserdem angebracht, die vorhandenen Reserven haushälterisch zu nutzen. Die festgelegten Höhenmasse entlang der Seestrasse ermöglichen deshalb gegenüber dem Bau- und Zonenreglement (BZR) von 1995 punktuell ein zusätzliches Geschoss, entsprechen aber grösstenteils den altrechtlichen Höhenmassen. Dieselben Höhenmasse waren bereits Gegenstand der Ortsplanung 2017.
Umzonung Grundstück Nr. 678, Unteraltdorf
Zu unterschiedlichen Reaktionen führte die vorgesehene Umzonung der Parzelle Nr. 678 im Unteraltdorf, die im Eigentum der Einwohnergemeinde steht. Die Umzonung entspricht dem Siedlungsleitbild 2050, das vorsieht, Gewerbe in der Dorfkernzone und der Kernzone sowie entlang der Seestrasse zu fördern. Dies sind die besten Lagen für die Ansiedlung von Gewerbe, da sie gut erschlossen sind und nicht zu Mehrverkehr in den umgebenden Wohnquartieren führen. Die gewerbliche Nutzung ist jedoch auf das Erd- oder Untergeschoss beschränkt.
Rückzonungen
Einmal mehr stehen ausserdem die Rückzonungen im Fokus. Die Bauzonen der Gemeinde Vitznau sind überdimensioniert und entsprechen nicht den Anforderungen des Bundesgesetzes über die Raumplanung. Vitznau wird daher vom Kanton Luzern als Rückzonungsgemeinde eingestuft. Mit der Gesamtrevision der Nutzungsplanung wird die kantonale Rückzonungsstrategie umgesetzt. Die Rückzonungen erfolgen unter Berücksichtigung raumplanerischer Grundsätze. Sie betreffen die Gebiete innerhalb der aufgehobenen kantonalen Planungszone und wurden während der Erarbeitung des Siedlungsleitbilds überprüft. Dabei hat sich gezeigt, dass auf die Rückzonungen nicht verzichtet werden kann, zumal trotz Rückzonungen eine rechnerische Überkapazität verbleibt. Wie vom Kanton im Rahmen der Vorprüfung bestätigt, wird die Gemeinde Vitznau erst mit Umsetzung der kantonalen Rückzonungsstrategie wieder handlungsfähig.
Allfällige Entschädigungen werden aus dem kantonalen Mehrwertfonds bezahlt, womit die Rückzonungen für die Gemeinde Vitznau letztlich ohne finanzielle Folgen bleiben. Die Genehmigung für Bauten ausserhalb der Bauzone obliegt dem Kanton Luzern, weshalb im BZR keine baulichen Bestimmungen aufgenommen werden können, die dem übergeordneten Recht widersprechen. Für bestehende Bauten und Anlagen gilt die Bestandesgarantie.
Wie geht es weiter?
In den nächsten Wochen erfolgt die Auswertung aller Einsprachen durch den Ausschuss der Ortsplanungskommission, zusammen mit dem Ortsplanungsbüro und der Ortsplanungskommission. Im August lädt der Gemeinderat die Einsprecherinnen und Einsprecher zu den Einspracheverhandlungen ein. Im Verlauf des Herbstes (im Anschluss an die Einspracheverhandlungen) wird der Gemeinderat die Bevölkerung im Rahmen einer Orientierungsversammlung über den Stand der Ortsplanungsrevision informieren.
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